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Pasquale Gilardi “Lelèn” (1885 – 1934)

Mi me disen ul Lelèn
'L nom d’un can ne piü nè men!

Kurzbiografie

Geboren in Brè am 26. November 1885 als zweitjüngstes von dreizehn Kindern des Valentino Gilardi und der Apollonia Pedrotta, starb Pasquale Gilardi genannt “Lelèn” am 26. August 1934 in Lugano. Der Maler Luigi Taddei hatte seinen kranken Künstlerfreund ins Spital gebracht, wo er die letzten Monate verbrachte. Seine letzte Ruhe fand “Lelèn” in seinem geliebten und oft besungenen Dorf Brè.
Sinn für Kunst war in der grossen Familie von Pasquale mit zehn Brüdern und zwei Schwestern in verschiedener Weise vorhanden: Giovanni (1866 – 1934) studierte an der Akademie Brera mit Auszeichnung und arbeitete danach viele Jahre als Architekt für die Stadt Genua; Silvio (1873 – 1943) liess sich in jungen Jahren in Mendrisio nieder und war dort Maler religiöser Kunst und Porträtist; Pietro (1875 – 1970) lebte als Maler/Dekorateur in Viganello und hatte auch eine künstlerische Ader für Musik und Gedichte.
Pasquale lebte ein kurzes, intensives, etwas chaotisches, schwieriges und gleichzeitig auch fröhliches Leben. Mit achtzehn Jahren traf er in Brè zufällig auf einen Gast aus Deutschland und zeigte ihm einige seiner Zeichnungen, die er kompetent erklärte. Der Fremde spürte das im Jungen schlummernde Talent und schlug den Eltern vor, ihn nach Hamburg mit zu nehmen und dort eine Schule für Malerei und Zeichnung besuchen zu lassen. Dies geschah auch, doch schon nach sechs Monaten war Pasquale, vielleicht auch unter Heimweh leidend, wieder zu Hause. In Lugano bildete er sich bei Professor Luigi Vassalli weiter, der seinen Lieblingsschüler gerne als Künstler in seinem Atelier behalten hätte. Doch ein diszipliniertes und geregeltes Leben war nichts für “Lelèn”: der "Bohémien" war durch das Unstete und Abenteuerliche mehr fasziniert und so schlug er das Angebot seines Lehrers aus. Noch sehr jung unterrichtete er in Abendkursen Zeichnen und Skulptur für Steinbildhauer in Cresciano.

Künstlerisches Schaffen und seine Würdigung

“Lelèn” erreichte in seinem beschwerlichen Künstlerleben aber Anerkennung seines Talents: vom Eidgenössischen Departement des Innern, das sogar eine seiner Skulpturen kaufte, erhielt er 1912 auch ein Stipendium von 2‘000 Franken, was in der damaligen Zeit eine sehr beträchtliche Summe war.
Trotz seines ungeregelten Lebens war sein künstlerisches Schaffen fruchtbar: diverse Skulpturen und Medaillons in den Friedhöfen von Lugano, Brè, Pregassona und Cadro zeugen von seinem Talent als Bildhauer. Bemerkenswert ist die Statue La Dea della pace (Die Friedensgöttin, 1916) im Friedhof von Brè, ein Werk im Auftrag der Familie Guggenheim. Sie stellt eine an den Stamm eines Olivenbaumes gelehnte Frau dar: nur leicht verhüllt ihr Kleid die feinen Körperformen, zu ihren Füssen liegen Kanonen und andere zerstörte Waffen sowie desolate Friedhofskreuze. “Lelèn” schuf dieses Werk im Gedenken an die Schrecken des Ersten Weltkrieges.
Pasquale Gilardi hinterlässt auch eine ansehnliche Produktion als Schriftsteller.
“Lelèns” Prosatexte und Gedichte sowohl in Tessiner Dialekt als auch in italienischer Sprache zeugen von wachem Interesse und feiner Sensibilität für Unheil und Leiden dieser Welt, für den sozialen Fortschritt seiner Heimat, aber auch für die alltäglichen Dinge des Lebens, für Sitten und Bräuche der Menschen, für Tiere und Natur. Von seinen Schriften ist besonders die Dialektdichtung Ul Paes da Brè e La Funicolar (Das Dorf Brè und Die Standseilbahn) zu erwähnen, herausgegeben 1908 in Como, Verlag Roma.
Andere Arbeiten des Dichters wurden von der Zeitschrift La Voce di Castagnola in zwei kleinen Sammelbänden zusammengestellt und publiziert: Il cantore del Brè (Der Sänger von Brè, 1959); Ul Paes da Brè ed altre liriche dialettali (Das Dorf Brè und andere Dialektgedichte, 1961).